Selbständigkeit von Vorarlberg

 

Noch bis in die Spätzeiten des Kaisertums Österreich hieß das Territorium Gefürstete Grafschaft Tirol mit dem Lande Vorarlberg[6] (gefürstet 1493 von Kaiser Maximilian)[7] und umfasste die Territorien am Rhein, die teils schon immer von Innsbruck aus verwaltet wurden, teils auch die von Vorderösterreich, welche nach dem Wiener Kongress 1815 noch übrig geblieben waren.

 

Am 6. April 1861 erhielt Vorarlberg, wie alle Kronländer, auf Grund des Februarpatents von Kaiser Franz Joseph I. wieder einen eigenen Landtag, der vom Kaiser zu genehmigende Gesetze beschloss. Das Land blieb aber, was die Vertretung des Kaisers und der k.k. Regierung in Wien betraf, weiterhin im Amtsbereich des Statthalters in Innsbruck.

 

Das bis 1918 für beide Kronländer in Innsbruck publizierte Gesetz- und Verordnungsblatt für die gefürstete Grafschaft Tirol und das Land Vorarlberg[8] enthielt auch die nur Vorarlberg betreffenden Rechtsvorschriften; sie wurden im Unterschied zu den Tiroler oder den in beiden Ländern geltenden Rechtstexten nicht auch in Italienisch abgedruckt.[9] Die Vorarlberger Versuche von 1907 und 1913, eine von Innsbruck gänzlich unabhängige Verwaltung zu erhalten, blieben damit aber in der Monarchie erfolglos.[10] Tirol verblieb als Gefürstete Grafschaft Tirol bis zum Ende Österreich-Ungarns 1918 bei Österreich.

 

 

Teilung in Nord und Süd

 

Während des Ersten Weltkrieges verlief die Gebirgsfront von 1915 bis 1918 an der südlichen Grenze Tirols. 1919, im Friedensvertrag von St. Germain, kam das Gebiet südlich des Brenners an Italien. Italien hatte ungeachtet der viel weiter südlich verlaufenden deutsch-italienischen Sprachgrenze die Wasserscheide zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer als seine Nordgrenze beansprucht, die anderen Alliierten hatten diesem Punkt zugestimmt, nicht zuletzt, um das politisch instabile Italien an sich zu binden (siehe Londoner Geheimverträge). Selbst die Teilung an der Wasserscheide wurde nicht eingehalten, da drei Gemeinden des östlichen Pustertals, Toblach, Innichen und Sexten, deren Bäche zum Teil in die Drau münden, zu Italien kamen.

 

Durch die Machtergreifung der Faschisten in Italien, der Nationalsozialisten in Deutschland und den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich vertieften sich die Gräben zwischen Nord- und Südtirol weiter. Im Abkommen zwischen Hitler und Mussolini wurde die Grenze am Brennerpass besiegelt, wobei mit der Option in Südtirol eine Umsiedlung der deutschsprachigen Südtiroler geplant war, die jedoch wegen des Krieges nur in geringem Maße durchgeführt wurde.

 

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Teilung Tirols bestehen – die Grenzziehung des Friedensvertrages von St. Germain existiert bis heute.

 

 

Autonomie und europäische Integration

 

Obwohl auch weitere Versuche nach dem Zweiten Weltkrieg, zumindest den Gebietsteil mit deutschsprachiger Bevölkerung wieder an das österreichische Tirol anzugliedern, scheiterten, konnte basierend auf dem Gruber-Degasperi-Abkommen 1948 und 1972 (1. und 2. Autonomiestatut) eine Autonomie für Südtirol und gleichzeitig das Trentino erreicht werden. Die nun „autonome Provinzen“ haben umfassende Kompetenzen erhalten, in Südtirol ist die Zwei- bzw. Dreisprachigkeit (Deutsch, Italienisch und Ladinisch) gesetzlich verankert.

 

Im Zuge der europäischen Integration erlangten das österreichische Bundesland Tirol und die italienische autonome Provinz Südtirol wieder eine gewisse Zusammengehörigkeit. Durch das Schengener Abkommen verschwanden alle Grenzkontrollposten zwischen den Ländern, und durch die Einführung der Gemeinschaftswährung Euro wuchs die Region auch wirtschaftlich enger zusammen. 1998 wurde darüber hinaus die Europaregion Tirol–Südtirol–Trentino gegründet, in der die Landeshauptmänner des Bundeslandes Tirol, der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol und der Autonomen Provinz Trient in regelmäßigen Abständen einem gesamttirolerischen Landtag vorstehen. Die Arbeit der Europaregion stärkt seither die gemeinsame kulturelle Identität der Region und fördert die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit innerhalb dieser.

 

Das ladinischsprachige Gebiet um Cortina d’Ampezzo (ladinisch Anpezo, deutsch Hayden) gehörte ursprünglich ebenfalls zum Kronland Tirol, wurde 1923 von den italienischen Faschisten jedoch der Provinz Belluno angeschlossen. Derzeit gibt es Bestrebungen, die Gemeinden Cortina d’Ampezzo, Livinallongo del Col di Lana (ladinisch Fodom, deutsch Buchenstein) und Colle Santa Lucia (ladinisch Col, deutsch Verseil) an Südtirol anzugliedern. Am 28. Oktober 2007 ergab eine Volksbefragung hierzu eine deutliche Mehrheit für die Wiederangliederung.

 

Auch die Gemeinde Pedemonte war Bestandteil des altösterreichischen Kronlandes. Sie wurde 1929 der Provinz Vicenza zugeschlagen. Valvestino und Magasa wurden 1934 von der Provinz Trient getrennt und Brescia angegliedert. Im Jahr 2008 fanden in den drei Gemeinden Referenden statt, die ein klares Votum für die Wiederherstellung der historischen Landesgrenzen brachten.

 

Letztendlich wird das italienische Parlament über diese Neugliederungen entscheiden.

 

 

aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Tirol